Willkommen bei den Bücherwürmern

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Im Leseclub der Fritz-Schäffer-Grund- und Mittelschule Ostermünchen erinnern nur noch die grüne Tafel und das Waschbecken neben der Tür an ein ‚typisches‘ Klassenzimmer. In der Mitte des einladend gemütlichen Raumes liegt ein großer Teppich, die Fensterfront ist mit selbst genähten Vorhängen dekoriert. An zwei Wänden stehen hohe Bücherregale, davor bieten neben Tischen und Bänken auch farbige Hocker und Sitzsäcke viele Sitzmöglichkeiten. Dieses Klassenzimmer wurde im Schuljahr 2015/16 für den Leseclub eingerichtet. Hier warten die Schulleiterin Margaret Careddu-Bayr und Michaela Pelz, die den Leseclub koordiniert und am heutigen Tag leitet, auf die teilnehmenden Kinder. Die Gruppen bestehen üblicherweise aus acht bis zwölf Schülerinnen und Schülern.  „Die Anzahl von Jungen und Mädchen ist meistens ausgewogen“, merkt Michaela Pelz an.

AUTORIN Jessika Bohrer, Redakteurin Universum Verlag | DATUM: 23.06.2023

Michaela Pelz ist Autorin und Journalistin sowie freiberufliche Referentin im Offenen Ganztag der Fritz-Schäffer-Grund- und Mittelschule Ostermünchen in Tuntenhausen. Sie ist unter anderem für die Koordination der Aus- und Weiterbildung der ehrenamtlichen Leseclubleitungen zuständig, die vor allem über den lokalen Bündnispartner des Projekts, die Katholische Frauengemeinschaft Ostermünchen, gewonnen werden. Zusammen mit Schulleiterin Margaret Careddu-Bayr hat sie das Konzept für den Schwerpunkt „Leseförderung“ entwickelt und eingeführt. Die Gründung des Leseclubs hängt unmittelbar mit dem bundesweiten Förderprogramm „Kultur macht stark. Bündnisse für Bildung“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung in Kooperation mit der Stiftung Lesen zusammen. In ihrer Bewerbung machte die Schule deutlich, dass den Kindern der Gemeinde keine Bibliothek vor Ort zur Verfügung steht. Das Förderprogramm setzt genau hier an: Es ermöglicht ein betreutes Gruppenangebot zur freizeitorientierten Leseförderung und stattet die Leseclubs dafür mit allem, was nötig ist, aus: eine große Auswahl an Kinderbüchern und Comics, aber auch verschiedene Spiele, ein Tablet und das notwendige Mobiliar. Seit seiner Gründung konnte mit dem Leseclub allen Schülerinnen und Schülern der Stufen 1 bis 4 sowie 5 und 6 Literatur und Kultur spielerisch zugänglich gemacht und Freude am Lesen vermittelt werden. Dabei spielt es keine Rolle, wo die Kinder herkommen oder wie gut sie lesen können.

Die Bücher im Blick

Heute betritt die Gruppe gespannt den Raum und setzt sich auf die im Halbkreis angeordneten Hocker – mit Blick zu den Bücherregalen. Drei Übungsaufgaben, bei denen improvisiert, vorgelesen und ein Thema gemeinsam erarbeitet wird, hat die Leiterin Michaela Pelz geplant. „Die Leseclubleiterinnen und -leiter verschaffen den Kindern  einen niedrigschwelligen Zugang zur Sprache. Zum Einsatz kommen Bücher, Spiele und Bastelmaterial. In vergangenen Leseclubs haben wir innerhalb von größeren Projekten auch schon ein Buch geschrieben, ein Drehbuch erarbeitet und daraus einen Film produziert“, erzählt Michaela Pelz.

Bei der ersten Aufgabe auf dem heutigen Tagesplan sollen die Kinder per Zufallsprinzip ein Buch aus dem Regal nehmen und nach 30 Sekunden Vorbereitungszeit den anderen erzählen, wovon es handelt und warum man es unbedingt lesen sollte. Bei der Frage nach Freiwilligen schnellen fünf Hände in die Höhe. Die neunjährige Anne soll im dritten Regal von rechts im vierten Fach von unten das siebte Buch herausziehen. Die Schülerin sieht sich den Einband und die Rückseite des Buchumschlags aufmerksam an und sagt anschließend: „Ich finde das Buch  schön, weil es der Fantasie entspringt. Da kann man sich selbst Geschichten ausdenken und sich auch verschiedene Sachen zum Anziehen überlegen.“

Sachbücher und Superhelden

„Sachbücher mit kurzen Texten kommen besonders gut an. Sie haben den Vorteil, dass sich mehrere Kinder damit beschäftigen und sich dazu austauschen können“, sagt Michaela Pelz. „Aber auch Witzebücher und Superhelden-Geschichten funktionieren im Leseclub sehr gut.“ Durch gemeinsame Projekte würden die die Schülerinnen und Schüler immer offener für Literatur, Sprache und Kultur . Das fördere gleichzeitig ihr Sozialverhalten in der Gruppe, das Selbstvertrauen steige. „Es motiviert, wenn man sieht, welche Entwicklungen die Schülerinnen und Schüler durchmachen und es geht einem das Herz auf, wenn sie fragen, wann sie wiederkommen dürfen“, resümiert Michaela Pelz, „Mit dem Leseclub haben wir einen Ort geschaffen, der nur mit positiven Emotionen besetzt ist. Er hat sich zu einer Wohlfühloase für die Schülerinnen und Schüler entwickelt, einem Lebensort, an dem man Spaß haben kann“.

Nach den bisherigen guten Erfahrungen wollen Leseclubkoordinatorin Michaela Pelz und Schulleiterin Margaret Careddu-Bayr das Angebot künftig weiter ausbauen. Bücher sollen ausgeliehen werden können, ein generationenübergreifendes Angebot für die ganze Familie ist in Planung. Im Gespräch ist außerdem die Ausbildung von schulinternen „Lesetutoren“ beziehungsweise „Lesepartnerschaften“. Dabei sollen Tandems zwischen Schülerinnen und Schülern verschiedener Altersgruppen gebildet werden, die sich gegenseitig vorlesen – und gemeinsam in der Wohlfühloase abtauchen und entspannen. „Natürlich ist das mit einigem zusätzlichen Aufwand verbunden, aber wenn wir dann immer wieder sehen, mit welcher Begeisterung und Herzblut die Kinder dabei sind, ist das für uns der Antrieb weiter zu machen“, sagt Frau Careddu-Bayr abschließend.

Informationen zum Förderprogramm der Stiftung Lesen

Die Stiftung Lesen setzt sich seit 1988 für die Förderung von Lese- und Medienkompetenz ein. Als Partner des Förderprogramms „Kultur macht stark. Bündnisse für Bildung“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung werden auch aktuell bundesweit „Leseclubs“ eingerichtet. Mehr unter: www.leseclubs.de

Mehr zur mittlerweile dritten Phase des Förderprogramms „Kultur macht stark. Bündnisse für Bildung“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung.