Nicht jedes Präventionsprogramm eignet sich für jede Schule – die "Grüne Liste Prävention" hilft bei der Suche.

„Schulen brauchen klare Ziele und Ausdauer“

  • Nicht jedes Programm passt zu jeder Schule
  • Bei der Vorauswahl hilft die „Grüne Liste Prävention“
  • Klare Ziele und Zeit für die Umsetzung sind Erfolgsfaktoren
INTERVIEW Angela Krüger, Redakteurin Universum Verlag | FOTO privat, COLLAGE Adobe Stock, mann + maus | DATUM 23.08.2023

Herr Jansen, ein Hilfsmittel bei der Suche nach einem passenden Präventionsprogramm ist die „Grüne Liste Prävention“. Wie beurteilen Sie sie?
Das ist ein super Tool für Schulen. Sie können damit anhand ihres jeweiligen Bedarfs gezielt suchen – allerdings nur für eine Vorauswahl. Die endgültige Entscheidung findet statt, wenn man sich intensiv mit den vorgeschlagenen Präventionsprogrammen beschäftigt hat. Es ist ein großer Fortschritt, dass sich die Anbieter vermehrt die Frage nach der Qualität stellen und auch aufzeigen, dass die Angebote wirksam sind.

Wie sollte eine Schule bei der Suche vorgehen?
Erst mal müssen sich die Beteiligten klar darüber werden, welchen Bedarf es gibt, und daraus ein klares Ziel definieren. Dann kann man in der „Grünen Liste“ seine Ziele eintragen und es werden mehrere Ergebnisse angezeigt. Jetzt fängt die richtige Arbeit allerdings erst an: Nur weil die Programme ausgeworfen werden, heißt es noch nicht, dass sie auch passen. Daher müssen die Beteiligten sich die Dokumentation genau anschauen, in anderen Schulen schnuppern gehen und Erfahrungsberichte ansehen.

Warum passt nicht jedes Präventionsprogramm zu jeder Schule?
Man muss neben der Anzahl der Schülerinnen und Schüler auch weitere Rahmenbedingungen beachten, zum Beispiel ob die Schule eher ländlich oder städtisch gelegen ist und wie sich die Schülerschaft zusammensetzt. Die meisten Präventionsprogramme arbeiten an der Entwicklung von Lebenskompetenzen, allerdings mit besonderen Schwerpunkten wie Sucht oder Gewalt. Sie unterscheiden sich in den Methoden und im Aufwand.

Warum ist die gründliche Auswahl so entscheidend für den Erfolg?
Bei der Implementierung muss man mit drei bis vier Jahren rechnen. Das geht nicht ohne zusätzliche Arbeit und kostet viel Energie. Je besser das Programm ausgewählt wurde, umso passgenauer wird es sein. Wenn es schlecht ausgewählt wurde, ist es Zufall, ob es gelingt. Das kann leicht zu viel Frust führen, weil die Lehrkräfte irgendwann sagen, das habe eh alles keinen Sinn. Das wiederum wirkt sich negativ auf das Schulklima aus. Das zeigt: Wenn sich Schulen nicht ausführlich mit der Auswahl beschäftigen, kann das Ganze sogar kontraproduktiv sein.

Wie funktioniert die Suche auf der Seite „Grüne Liste Prävention“?
Es gibt drei Methoden. Entweder man lässt sich alle Ergebnisse ungefiltert anzeigen, man nutzt die Freitextsuche oder man verwendet die umfangreiche Suchmaske nach Kategorien – die letztgenannte Option dürfte für Schulen die interessanteste sein. Hier kann man viele Kategorien wählen, zum Beispiel Risiko, Schutzfaktoren, Geschlecht, Institution, Alter der Zielgruppe, Präventionsthemen und Höhe der Effektivität. Dabei gilt: Je mehr Kriterien eingetragen werden, desto weniger Ergebnisse werden angezeigt. Es gibt kein Programm, das alles abdeckt.

Welche Kriterien muss ein Präventionsprogramm erfüllen, damit es überhaupt in die „Grüne Liste“ aufgenommen wird?
Das Hauptkriterium ist die Evaluation. Ein Programm muss evaluiert sein, hier gibt es drei Schwellenwerte: von Stufe 1 „Effektivität theoretisch gut begründet“ über Stufe 2 „Effektivität wahrscheinlich“ bis hin zu Stufe 3 „Effektivität nachgewiesen“. Zudem ist die Implementierung sehr wichtig, denn Präventionsprogramme sind vor allem dann erfolgreich, wenn sie in den Schulen gut eingebettet werden können. Darüber gibt die „Grüne Liste Prävention“ keine Auskunft, das muss die Schule beim Anbieter erfragen – darauf sollte unbedingt ein Fokus gelegt werden. Und letztlich muss es deutschlandweit verfügbar sein, ansonsten taucht es auf der „Grünen Liste“ nicht auf. Regionale Programme müssen aber nicht schlechter sein. Um sie zu bewerten, sollte man sich ein ähnliches, bundesweites Programm als Beispiel nehmen und die Kriterien miteinander abgleichen.

Was raten Sie Schulen, die sich auf die Suche nach einem geeigneten Präventionsprogramm machen?
Die Ziele gut setzen und sich Zeit für die Umsetzung nehmen. Und wenn Fehler passieren, diese gleich ausmerzen. Ich weiß, es ist an vielen Schulen schwierig, sich Zeit zu nehmen. Tut man das aber nicht, dann ist es Zeitverschwendung, es überhaupt anzugehen. Ich empfehle den Schulen, auch mit der Kommune in Kontakt zu treten und sich mit anderen Schulen zusammenzutun, so kann man sich gut gegenseitig unterstützen.

Das geeignete Präventionsprogramm suchen:

  1. Genaue Bedarfsanalyse/Zielsetzung
  2. Mögliche Programme suchen
  3. In die Programme einlesen
  4. Erfahrungsberichte einholen
  5. Schnupperkurse
  6. Vorträge durch Anbieter
  7. Umsetzungsplan
  8. Entscheidung

MEHR ZUM THEMA
Für die „Grüne Liste Prävention“ haben der Landespräventionsrat Niedersachsen und die Medizinische Hochschule Hannover (MHH) circa 400 Programme geprüft. Rund 100 sind aufgenommen worden, bei den anderen war die Wirkung zu gering oder nicht nachgewiesen. Wenn Schulen zu Gewalt, Kriminalität, Suchtverhalten, Teambuilding oder Lernen lernen geeignete Programme suchen, kann die „Grüne Liste Prävention“ eine wertvolle Entscheidungshilfe sein. Hinzu kommen bald Programme zu den Präventionsthemen Essstörungen, Bewegung und Fitness.
www.gruene-liste-praevention.de

 

 

Portraitfotot Mario Jansen, Präventionsberater des Gemeinde-Unfallversicherungsverbands Hannover

Mario Jansen ist Präventionsberater des Gemeinde-Unfallversicherungsverbands Hannover.