Exekutive Funktionen fördern: Frank Amrhein
Frank Amrhein ist Lehrer für Sonderpädagogik und Berater im Schulsport

Exekutive Funktionen fördern

Frank Amrhein, Lehrer für Sonderpädagogik und Berater im Schulsport | „Ich unterstütze Schulen bei allen Fragen rund um ihre Sportangebote und den Einfluss, den Bewegung auf Lernen hat. Der Beratungsbedarf ist groß, weil sich immer mehr Schulen dafür interessieren, wie sie ihren Sportunterricht optimieren können. Es tut gut zu sehen, dass ich als Berater sehr unterschiedliche und hilfreiche Impulse setzen kann. Das trägt nicht nur dazu bei, dass sich die Lehrkräfte als selbstwirksam erleben, sondern auch, dass sie motiviert und gesund bleiben. Das Beste daran ist: Die Schülerinnen und Schüler lernen wirklich besser.“

AUTORIN Angela Krüger, Redakteurin Universum Verlag | FOTO Mirko Waltermann | DATUM: 28.04.2023Foto: Mirko Waltermann

„Als Berater im Schulsport biete ich Fortbildungen für Lehrkräfte an – beispielsweise zum Thema ‚Selbstregulation und Selbststeuerung‘.  Es geht vor allem darum, das Verhalten der Schülerinnen und Schüler besser zu verstehen, es deuten zu können und offen zu bleiben in den Möglichkeiten, die Kinder zu unterstützen. Das Ziel ist: Weniger auf Regeln und Konsequenzen zu setzen, mehr auf Erfolgserlebnisse. Eine Stellschraube dafür ist definitiv Über- und Unterforderung der Kinder zu vermeiden – das entlastet auch die Lehrkraft. Wichtig als Sportlehrkraft ist es, das Kind oder die Gruppe sehen. Wenn ich mich darauf einstelle, mit wem ich gerade zu tun habe, kann ich die Kinder effektiver begleiten und fördern.

In den Seminaren verknüpfen wir das theoretische Verständnis mit praktischen Übungen. Dabei hilft uns die neurowissenschaftliche Forschungsergebnisse und die daraus gewonnen Rückschlüsse: Exekutive Funktionen – also jene Fähigkeiten, die das eigene Denken und Handeln steuern, aber auch die eigenen Emotionen regulieren – sind bei Kindern noch nicht voll ausgeprägt. Allerdings beeinflussen sie bereits entscheidend die Lernleistungen und die sozial-emotionale Entwicklung.

Das ist überhaupt die größte Herausforderung im Sportunterricht: Sich auf die Schülerinnen und Schüler einstellen und zu sehen, was sie gerade brauchen. Langfristige Erfolge sind nachgewiesen. Aber die Prozesse, durch die Kinder selbstständiger werden, erfordern Geduld und das Wissen für solche Zusammenhänge. Das schulen wir.

Mir ist es außerdem wichtig, dass die Lehrer und Lehrerinnen ein breites Handlungsspektrum bekommen, wie sie im Sportunterricht konkret reagieren können. Hierzu gehört vor allem, achtsam mit den eigenen Ressourcen umzugehen.

Wir Berater im Schulsport sind auch Ansprechpersonen für Schulleitungen. Dabei geht es beispielsweise um Klassenfahrten und Sicherheit bei Sportveranstaltungen – überhaupt ist das Thema Sicherheit sehr wichtig. Für die Bezirksregierung sind in Köln insgesamt 35 Beraterinnen und Berater für den Schulsport in allen Schulformen verantwortlich. Die meisten von ihnen sind vorrangig in den Schulen als Lehrkräfte aktiv und werden mit Stunden aus der Schule freigestellt. Ich gehöre zur Gruppe Sonderpädagogik. Hier geht es etwa um inklusives Turnen, Selbstregulation oder um Lernen in und durch Bewegung.

Generell liegen mir als Lehrer für Sonderpädagogik die Themen Behindertensport, Inklusion und Bewegung am Herzen. Nachdem ich ein Referendariat an der Sonderschule absolviert habe und fünf Jahre an einer Förderschule war, bin ich als Sportlehrer zu einer neu gegründeten Gesamtschule als Sonderpädagoge im inklusiven Schulsystem gewechselt.

Besonders interessiert hat mich aber schon immer die Erwachsenenbildung. So habe ich beispielweise gerne die Praktikanten und Praktikantinnen in den Schulen begleitet, außerdem hatte ich Lehraufträge für Praktikumsvorbereitung an der Uni. 2015 habe ich mich dann auf die Stelle Berater im Schulsport beworben. Lehrkraft bleibt man trotzdem.

Leider wird man vor vielfältige Herausforderungen gestellt, wenn man Schulsport vorantreiben will: Sporthallen sind geschlossen oder schlecht saniert, es gibt zu wenig studierte und ausgebildete Lehrkräfte , die Wasserzeiten beim Schwimmunterricht sind viel zu gering. Vor allem in der Grundschule und in der Sonderpädagogik haben wir ein riesiges Nachwuchsproblem. Dabei geht es doch um die Gesundheit unserer Kinder – beim Schwimmunterricht ist zum Beispiel das oberste Ziel die Schwimmfähigkeit der Schülerinnen und Schüler, um Ertrinkungsunfälle zu vermeiden. Viele Kinder hatten in den vergangenen zwei Jahren kein oder zu wenig Schwimmunterricht in der Grundschule , sodass es potenziell viele Nichtschwimmer gibt. Zudem kommt die Herausforderung, dass die Sportlehrkräfte ihre Rettungsfähigkeit regelmäßig auffrischen müssen, damit alle sicher sind beim Schwimmunterricht.“