Fit ins Berufsleben

Die Stadt Ehingen liegt malerisch am Fuße der Schwäbischen Alb. Die Region ist ländlich – und doch Anziehungspunkt für Hunderte junge Menschen aus ganz Deutschland, die sich in der Berufsausbildung befinden. Rund 1.500 Berufsschülerinnen und -schüler besuchen die Gewerbliche Schule (GBS) Ehingen in Teilzeit, das heißt an etwa ein bis zwei Tagen pro Woche. Außerdem lernen hier rund 400 junge Menschen in Vollzeit an einem Technischen Gymnasium, einer Technikerschule und einer Berufsfachschule. Viele der Handwerks- und Technikerberufe haben dabei eines gemeinsam: Sie werden die Auszubildenden fordern und teilweise körperlich belasten. Deshalb setzt die Schule auf Bewegungsförderung.

„Mir war es schon immer wichtig, dass wir ein breites Sportangebot schaffen, vor allem für unsere Berufsschülerinnen und -schüler“, sagt Jochen Münz, Schulleiter der GBS Ehingen seit 2016. „Viele von ihnen werden körperlich sehr belastet. Ein Parkettleger etwa wird einen Großteil seines Berufslebens kniend am Boden verbringen. Doch in den meisten Berufsausbildungen ist Sport nur noch ein Wahlangebot – das ist kritisch, weil für diese Menschen lebenslange Bewegung besonders wichtig ist. Es könnte jetzt also unsere letzte Gelegenheit sein, sie für Sport zu begeistern. Wir möchten ja, dass sie in ihrem Berufsleben gesund bleiben.“

Für das vielfältige Sportkonzept wurde die Schule 2024 mit dem ersten Platz beim „Tag der Schülersicherheit“ ausgezeichnet – einer Initiative der Unfallkasse Baden-Württemberg.

BEWEGUNGSANGEBOTE AUCH NACH DEM UNTERRICHT

Zur GBS Ehingen gehört eine große, lichtdurchflutete Sporthalle mit Dachfenstern. „Hier wird es im Sommer aber ganz schön warm!“, sagt Volker Rummel lachend. Der Sportlehrer ist seit 2006 an der GBS Ehingen tätig und treibt immer wieder neue Ideen voran, um Bewegungsanreize zu schaffen. „Deshalb bieten wir auch draußen Sportmöglichkeiten an wie unsere Outdoor-Calisthenics-Anlage oder auch mal Schwimmunterricht im Freibad. Außerdem haben wir neben der Halle einen Fitnessraum.“ Dieser existiert seit 2010 und wurde mithilfe eines Fördervereins finanziert.

Heute herrscht dort reger Betrieb: Eine Gruppe Berufsschüler trainiert – gut gelaunt und hoch motiviert. „Ich trainiere regelmäßig ein- bis dreimal die Woche an den Hanteln“, sagt Patrick, der zum Berufskraftfahrer ausgebildet wird. „Das bringt echt was für die Muskeln!“ Niklas, ebenfalls in der Ausbildung zum Berufskraftfahrer und Bewohner des Schulwohnheims, schätzt die Möglichkeit, hier seine Ausdauer trainieren zu können. „Ich mache lieber Cardio, ich bin nicht so ein Pumper“, sagt er lachend und fügt hinzu: „Es ist aber auf jeden Fall toll, dass wir hier in der ländlichen Region so ein Angebot haben.“

Dass das ein wichtiges Thema ist, weiß auch Sportlehrer Volker Rummel. Im direkten Umfeld der Schule gebe es im Gegensatz zum städtischen Raum keine Fitnessstudios. Einen körperlichen Ausgleich zu finden, sei damit für die jungen Menschen schwieriger. So entstand die Idee für Bewegungsangebote, die sie individuell, unkompliziert und unabhängig vom Unterricht nutzen können. Dazu gehören drei ausgeschilderte Wald-Laufstrecken mit unterschiedlichen Distanzen und Höhenmetern sowie mehrere Klimmzugstangen, die in jedem der fünf Schulgebäude fest installiert wurden. „Mit Aufstiegshilfen – wer sie braucht!“, sagt Schulleiter Jochen Münz schmunzelnd und demonstriert, wie man sich mithilfe von Gummibändern an der Klimmzugstange in die Höhe ziehen kann.

MEHR ANGEBOTE – MEHR UNFÄLLE?

Ein weiterer beliebter Anziehungspunkt: die Calisthenics-Anlage im Außenbereich – ein Stangenpark, an dem mit dem eigenen Körpergewicht trainiert werden kann. „Der große Vorteil ist hier, dass die Wartung nicht sehr aufwendig ist. Einmal fest installiert, gibt es kaum Verschleiß, da kann nichts reißen oder runterfallen“, erläutert Volker Rummel zufrieden. Die Schüler sind ebenfalls begeistert, stemmen sich an Recks in die Höhe, machen Klimmzüge und helfen sich gegenseitig. Was an der Gruppe auffällt: Es sind heute nur Jungen hier.

Tatsächlich machen sie etwa 90 Prozent der Schülerschaft an der GBS Ehingen aus. Doch auch Mädchen würden Angebote wie den Stangenpark oder Kraftraum wahrnehmen. Ob es durch das breite Sportangebot zu mehr Unfällen komme? „Das kann ich nicht bestätigen“, sagt Schulleiter Jochen Münz. „Die meisten Verletzungen gibt es bei Ballsportarten, also eher im ,klassischen‘ Sportunterricht. Ich kann mich an keinen Unfall im Fitnessraum oder an der Calisthenics-Anlage erinnern.“ Eine Sicherheitsmaßnahme sei eine Einweisung in die Geräte. Für den Raum gebe es einen Schlüssel, der im Sekretariat gegen Unterschrift abgeholt werden könne. Ausgehändigt werde er aber nur an diejenigen Schülerinnen und Schüler, die zuvor eine gründliche Einweisung von einer Sportlehrkraft erhalten haben. Auch mechanische Sicherheitsvorkehrungen wie ein Fallschutz an der Hantelanlage seien selbstverständlich vorhanden. Eben weil das Angebot so geschätzt werde, sei das Verhalten im Fitnessraum vorbildlich, resümiert Schulleiter Jochen Münz.

WICHTIG: MOTIVATION UND VIELE ANGEBOTE

Was an der GBS Ehingen überall spürbar ist: die Begeisterung für Bewegung und Aktivität – sowohl in der Schülerschaft als auch bei Schulleitung und Sportfachschaft. Offenheit, Neugier und eine positive Haltung gegenüber neuen Bewegungsanreizen sind die wichtigsten Zutaten, um solche Maßnahmen umzusetzen. Doch woher kommen die Impulse? „In der Regel liefern die unsere Sportlehrkräfte, unsere Sportfachschaft ist sehr rührig“, sagt Schulleiter Jochen Münz. „Und bei mir rennen sie damit offene Türen ein!“

Das Engagement lohne sich, denn die Resonanz in der Schülerschaft sei sehr positiv. Die Angebote würden rege angenommen – auch nach Schulschluss. Zur GBS Ehingen gehört ein Wohnheim für Auszubildende, die von weit her anreisen und für mehrere Wochen am Stück vor Ort sind. Sie nutzen die Calisthenics-Anlage auch gern nach dem Unterricht oder am Wochenende. So könnten neue sportliche Routinen entstehen, das ist besonders Volker Rummel ein Anliegen: „Wir möchten zum lebenslangen Aktivsein motivieren. Nicht alle Schülerinnen und Schüler haben dafür Vorbilder in ihrem Umfeld. Oder sie kommen schlichtweg nicht auf die Idee, aktiv zu werden. Man muss sie motivieren und auf Möglichkeiten wie unsere Laufstrecken hinweisen.“ Doch auch die Anerkennung der Schülerinnen und Schüler untereinander und das gute Gefühl, sich sportlich zu verbessern, seien wichtige Triebfedern für die Motivation.

ALLE ZUSAMMEN – MIT RESPEKT

Sich gemeinsam und regelmäßig zu bewegen, fördert nicht nur die Gesundheit, sondern auch die gute Laune und den Zusammenhalt. Davon sind Schulleiter Jochen Münz und Sportlehrer Volker Rummel überzeugt. Sichtbar wird das an der Calisthenics-Anlage, wo die jungen Menschen sich gegenseitig ermutigen und anfeuern. Dieser emotionale Aspekt ist nicht zu unterschätzen. Auch Sportlehrer Volker Rummel ist es wichtig, dass sich alle wohlfühlen: „Wir wollen ja zum Sportmachen animieren und niemandem ein Trauma verpassen, indem wir ihn oder sie zu etwas zwingen!“, sagt er. Deshalb würden im Sportunterricht auch Alternativen angeboten – wer zum Beispiel nicht am Schwimmunterricht teilnehmen kann, könne Beachvolleyball oder Fußball spielen.

Seline und Jacqueline gehören zu den zehn Prozent Mädchen an der Schule und absolvieren die Ausbildung zur Berufskraftfahrerin. Ob es etwas gibt, das sie sich noch an Angeboten wünschen? „Ich fände noch mehr Informationen zum Thema Ernährung gut“, sagt Seline, „und Ideen für Übungen, die ich spontan machen kann.“ Ein Angebot, das hierzu bereits besteht, sei eine gelegentliche bewegte Pause mit kurzen Bewegungseinheiten, die man etwa auf einem Parkplatz umsetzen kann, erläutert Volker Rummel. Insgesamt fühlten sich die Mädchen aber sehr wohl an der Schule: „Vor allem, weil unsere Lehrer hier nett sind und Humor haben“, ergänzt die angehende Berufskraftfahrerin Seline. „Gleichzeitig gehen wir alle sehr respektvoll miteinander um.“

Das gemeinsame Sport machen stärkt die Schulgemeinschaft der GBS Ehingen.

BEWEGUNGSANGEBOT DER GBS EHINGEN

An der GBS Ehingen sollen alle Schülerinnen und Schüler fit für ein langes gesundes Berufsleben gemacht werden. Abwechslung und Offenheit sind wichtige Eckpfeiler des Sportkonzepts der Schule. Das Angebot umfasst Unterrichtsaktivitäten und freie Sportstätten für alle:

• Sportunterricht: Ob Ballsport, Turnen oder Schwimmen – der Sportunterricht ist vielfältig und bietet Schülerinnen und Schülern Wahlmöglichkeiten.
• Fitnessraum: Im Fitnessraum kann (nach einer Pflichteinweisung) an Geräten trainiert werden, auch in den Pausen.
• Calisthenics-Anlage: Ein Outdoor-Stangenpark lädt alle dazu ein, mit dem eigenen Körpergewicht zu trainieren.
• Klimmzugstangen: In allen fünf Schulgebäuden befinden sich Klimmzugstangen, die ohne großen Aufwand genutzt werden können.
• Schwimmen und Turmspringen: Immer wieder findet auch Sportunterricht im nahe gelegenen Freibad statt – mit der Option, Turmspringen zu lernen.
• Laufstrecken: Drei ausgeschilderte Laufstrecken mit unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden bieten unkompliziert Gelegenheit zur Bewegung in der Natur.
• Sportliche Exkursionen: Vom Klettersteig in Italien bis zur Skiwoche: Ausflüge mit Bewegungscharakter sorgen für Abwechslung und neue Erfahrungen.