Wir müssen mal …
… über das Thema Schultoiletten sprechen. Denn die sind oft in einem solch schlechten Zustand, dass Schülerinnen und Schüler das stille Örtchen meiden. Welche Konsequenzen das hat und wie man auch ohne große finanzielle Mittel klare Verbesserungen erreichen kann, verrät Thilo Panzerbieter, Geschäftsführer der German Toilet Organization (GTO).
- Viele Schultoiletten befinden sich in schlechtem Zustand
- Auch mit kleinen Mitteln sind große Verbesserungen möglich
- Gemeinsame Begehungen und Aufklärung im Unterricht helfen
Mit Schulnoten lässt sich fast alles bewerten – auch der Zustand von Schultoiletten. In Berlin stellten etwa 800 befragte Neuntklässlerinnen und Neuntklässler den WCs ihrer Schulen ein katastrophales Zeugnis aus: Mehr als die Hälfte der bewerteten stillen Örtchen holte sich eine Fünf oder Sechs ab. Die größten Kritikpunkte: „Total eklig“, „Die Spülung funktioniert nicht“, „Kein Klopapier, keine Seife“, „Die Türschlösser sind kaputt“ oder „Gruselig“. Deswegen zögern viele den Toilettengang so weit wie möglich hinaus, indem sie nichts trinken, oder halten ein, bis sie wieder zu Hause sind. In der Folge können sie sich im Unterricht schlechter konzentrieren, die Leistungen und das allgemeine Wohlbefinden leiden – außerdem drohen gesundheitliche Konsequenzen wie etwa eine Blasenentzündung.
Stille Örtchen mit Handlungsbedarf
Obwohl die Berliner Umfrage bei Redaktionsschluss dieser pluspunkt-Ausgabe noch nicht komplett ausgewertet war, zeigen die vorläufigen Ergebnisse: Es besteht erheblicher Handlungsbedarf. Und zwar nicht nur in der Hauptstadt, sondern bundesweit. Dies bestätigt Thilo Panzerbieter, Mitgründer und Geschäftsführer der German Toilet Organization (GTO), die die Studie „Toiletten machen Schule“ gemeinsam mit dem Institut für Hygiene und Öffentliche Gesundheit/Public Health (IHPH) der Universität Bonn aktuell durchführt. „Wir vermuten, dass es im übrigen Bundesgebiet kaum besser aussieht als in Berlin“, so Panzerbieter. Die Studie soll auf ganz Deutschland ausgeweitet werden.
Jede Erhebung beginnt mit der Frage, ob es genügend Sanitärräume gibt. Panzerbieter verweist hier auf das Online-Portal „Sichere Schule“ der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV). Hier sind neben der Mindestzahl der WC-Anlagen in Abhängigkeit von der Schulgröße auch Richtlinien zu Ausstattung, Raumtemperatur und Hygiene gelistet.
Der nächste entscheidende Punkt: Sauberkeit und die ausreichende Bereitstellung von Toilettenpapier, Seife und Einmalhandtüchern. Denn ein Mangel an diesen Bedarfsgütern kann dazu führen, dass sich Krankheitserreger leichter verbreiten.
Gerade in Sachen Hygiene gehen laut Erfahrung der GTO jedoch die Antworten auf die „Schuldfrage“ stark auseinander. „Die Schülerinnen und Schüler beschweren sich, dass die WC-Räume zu selten geputzt werden, die Schulleitungen wiederum klagen über Urinspritzer an Wänden und Böden, Vandalismus oder verstopfte Toiletten“, sagt Panzerbieter. Seiner Ansicht nach liegt die Wahrheit irgendwo in der Mitte.
Gemeinsame Begehungen
„Manchmal ist die unsachgemäße Benutzung keine böse Absicht“, sagt Thilo Panzerbieter. „Wenn es keine Klobürste gibt oder die Spülung defekt ist, kann ich die WC-Schüssel auch nicht reinigen. Wenn in den Kabinen der Mädchentoiletten keine Mülleimer vorhanden sind, landen Hygieneartikel in der Toilette.“ Seine Empfehlung: Erst mal nicht von einer „Mir doch egal“-Haltung oder gar Vandalismus ausgehen, sondern herausfinden, woran es hapert – am besten mithilfe einer gemeinsamen Begehung der Räumlichkeiten mit Schülerinnen und Schülern, Schulleitung, Lehrkräften, Hausmeister oder -meisterin, Reinigungspersonal sowie idealerweise dem Schulträger. Bei einem solchen Termin könne auch festgestellt werden, ob die Diskretion in den WC-Räumen gewährleistet sei. In Zeiten, wo jede und jeder ein Video mit dem Smartphone machen könne, seien korrekt schließende Türen und ausreichend hohe Abtrennungen zwischen den WCs ein Muss.
Kleine Maßnahmen, große Wirkung
Oft können einfache Tricks die Situation im Schulklo deutlich verbessern, so Panzerbieter: „Bullaugen in den Eingangstüren zu den Sanitärräumen in Verbindung mit einer guten Beleuchtung ermöglichen ein gewisses Maß an Kontrolle von außen. Große, abschließbare Behälter für Toilettenpapier oder Einzelblattspender verhindern, dass Rollen im WC landen. Wenn Mülleimer und Klobürstenhalter an der Wand fixiert sind, fliegen sie nicht durch die Gegend.“ Und – vielleicht sogar das Wichtigste: „Je gepflegter eine Anlage ist und je mehr die Schülerinnen und Schüler an deren Gestaltung mitwirken können, desto wertschätzender gehen sie damit um.“
Die Website der German Toilet Organization bietet im Bereich „Schule“ nützliche Tipps zum Thema: www.germantoilet.org
Infos zur Ausgestaltung und Barrierefreiheit von Schultoiletten gibt das DGUV-Webportal „Sichere Schule“: www.sichere-schule.de/schultoiletten
Ist eine Nutzungsgebühr für Schultoiletten die Lösung? Das und noch viel mehr verrät GTO-Geschäftsführer Thilo Panzerbieter im Interview: www.pluspunkt.dguv.de/schultoiletten
Thilo Panzerbieter ist Geschäftsführer der German Toilet Organization (GTO) e. V., die sich weltweit für eine Verbesserung der Sanitärversorgung zum Schutz von Umwelt, Gesundheit und Menschenwürde einsetzt.