Boris Sanheim und Anna-Lena Naujoks stärken mit dem Schulsanitätsdienst die Erste-Hilfe an der Anne-Frank-Schule.

Mission: Erste Hilfe

Boris Sanheim war 15 Jahre im Rettungsdienst tätig. Heute ist er an der Anne-Frank-Schule in Bargteheide Lehrer, Sicherheitsbeauftragter und Leiter des Schulsanitätsdiensts, den er 2016 ins Leben gerufen hat. Mit seiner Begeisterung steckt er regelmäßig seine Schülerinnen und Schüler an – wie Anna-Lena Naujoks, die bereits in der 8. Klasse zur Schulsanitäterin ausgebildet wurde. „Ich möchte junge Menschen handlungsfähig machen und Berührungsängste abbauen“, betont Sanheim, „so werden im Ernstfall Leben gerettet.“

AUTORIN Sabine Biskup, Redakteurin Universum Verlag | FOTOS Ingo Boelter | DATUM 23.08.2024

Die Anne-Frank-Schule in Bargteheide hat eine Abkürzung – AFS. Und die steht auch für das Schulmotto: Achtsam. Füreinander. Stark. Wir treffen hier Boris Sanheim, der seit 2013 an der Gesamtschule tätig ist, und man kann ihn wohl mit Recht als lebendes Beispiel dieses Mottos bezeichnen. Denn Sanheim ist nicht nur Lehrer für Biologie und Geographie, sondern hat noch zwei weitere Funktionen: Sicherheitsbeauftragter und Schulsanitätsdienstleiter.

Helfen statt wegschauen

Für Boris Sanheim liegen die Vorteile eines Schulsanitätsdienstes auf der Hand: Neben schneller Hilfe für Verletzte möchte er vor allem, dass seine Helferinnen und Helfer lernen, hinzusehen und handlungsfähig werden.  „Heute wird zu oft einfach weggeschaut, das habe ich in meinem vorherigen Beruf erlebt“, schildert er. 15 Jahre war Boris Sanheim im Rettungsdienst tätig, bevor er 2013 in den Lehrberuf wechselte und die Rolle des Sicherheitsbeauftragten übernahm. Die Gründung des Schulsanitätsdienstes folgte 2016. Dieser soll eine sinnvolle Ergänzung darstellen zu den Lehrkräften, die ebenfalls regelmäßig in der Ersten Hilfe ausgebildet werden.

Dass seine Schülerschaft zu mündigen Menschen wird, dass sie keine Angst haben, im Ernstfall zu helfen, und vielleicht sogar Leben retten – diese Aussicht motiviert Sanheim. Deshalb informiert der Lehrer regelmäßig das Kollegium, die Eltern sowie die Schülerschaft zum Schulsanitätsdienst und wirbt für Unterstützung – zum Beispiel am Tag der offenen Tür, wenn der Schulsanitätsdienst Fragen zu Aufgaben und Ausbildung beantwortet. Sanheim arbeitete dafür mit den Maltesern aus Ahrensburg zusammen und führte mit ihnen die Ausbildung seiner Helfer direkt an der Schule durch. Sie dauerte mehreren Wochenenden, auch eine abschließende Prüfung gehört dazu. „Wollen muss man das also schon“, betont er mit Blick auf den zeitlichen Aufwand. „Die Motivation müssen die Schülerinnen und Schüler von sich aus mitbringen.“

Junge Frau, von hinten zu sehen, läuft einen Schulflur entlang mit einem Rucksack auf dem Rücken, der Aufschrift trägt: "Schulsanitätsdienst" Wenn Anna-Lena Naujoks als Schulsanitäterin im Einsatz ist, hat sie den Erste-Hilfe-Rucksack immer dabei.

Engagement in der Schülerschaft für mehr Sicherheit

So wie Anna-Lena Naujoks aus der 12. Klasse, die uns heute begleitet. Bereits in der achten Klasse ließ sie sich zur Schulsanitäterin ausbilden und ist seitdem mit Feuereifer dabei. „Was soll ich erzählen?“, fragt sie, und Sanheim lacht. „Na, zum Beispiel, was passiert, wenn dein gelbes Ding losgeht.“ Gelbes Ding? „Mein Walkie-Talkie!“, sagt die Schülerin und hält ein kleines, gelbes Empfangsgerät hoch. „Davon haben wir sechs Stück“, erklärt sie. „Jeder Schulsanitäter, der gerade Dienst hat, hat eins, und eins ist immer im Sekretariat. Wenn es einen Vorfall gibt, bekomme ich einen Anruf, dann gehe ich in das Sekretariat, hole meinen Rucksack und erfahre, wo ich hinmuss.“ Wir folgen der Schülerin, die uns den Erste-Hilfe-Rucksack präsentiert. Spätestens am Einsatzort kommt ein zweiter Helfer oder eine Helferin hinzu, weil der Sanitätsdienst immer im Zweier-Team arbeitet: Während sich einer um die verletzte Person kümmert, arbeitet der oder die andere zu.

Doch die Schulsanitäter erlernen nicht nur die Maßnahmen zur Erstversorgung einer akut verunfallten Person, sondern auch zu wissen, wann man weitere Hilfe holt. „Der Einsatz muss zumutbar sein“, sagt Sanheim. „Auch diese Grenzziehung lernen unsere Schulsanitäter – zu wissen, wie weit sie vor dem Hintergrund ihrer Ausbildung gehen können und wann sie Hilfe holen sollten oder sogar müssen.“

Verletzungen im Schulalltag

Als nächstes besuchen wir das Krankenzimmer. Dort stehen zwei Liegen und ein Schrank mit Materialen – Handschuhe, Pflaster, Verbandsmaterial und Kühlpacks. „Die sind der Renner, die werden ständig gebraucht“, erklärt Sanheim. Denn umgeknickte Knöchel und angestoßene Köpfe gehören zu den häufigsten Verletzungen. „Doch auch Hyperventilationen nehmen zu, Panikanfälle, etwa in Prüfungssituationen.“ Auch das Überprüfen des Bestands und der Haltbarkeit der Materialien zählt zu den Aufgaben der Schulsanitäter. „Die nehmen mir inzwischen eigentlich alles ab“, sagt Sanheim und klingt ein wenig stolz dabei. „Sie brauchen mich schon gar nicht mehr!“

Eine Menge Verantwortung also – ob Anna-Lena manchmal aufgeregt ist, wenn es einen Einsatz gibt? „Ja, manchmal schon noch“, sagt sie, „wenn es besondere Fälle gibt oder ich nicht sicher bin, zum Beispiel bei Kopfverletzungen, dann hole ich Herrn Sanheim dazu. Aber insgesamt komme ich gut klar, denn ich hatte eine gute Ausbildung.“ Ein bewundernswertes Engagement, denn aktuell hat Anna-Lena bis zu dreimal die Woche Dienst. „Herr Sanheim hat den Sanitätsdienst damals vorgestellt, da war ich in der achten Klasse – ich fand das Thema einfach spannend“, erläutert sie ihre Beweggründe. „Ich betone immer, dass die Mitarbeit völlig auf freiwilliger Basis beruht“, ergänzt Sanheim. „Man muss das aus Überzeugung machen, nicht weil man sich irgendwelche Vorteile erhofft.“

Frau kniet am Boden in Schulraum auf Matte und reanimiert Dummie. Mann kniet daneben, hat die rechte Hand auf ihren Rücken gelegt und zeigt mit dem linken Zeige- und Mittelfinger Richtung Dummie. Eine Herzdruckmassage kann Leben retten: Boris Sanheim erklärt, was bei einem Herzstillstand zu tun ist.

Handeln und Leben retten

Dass Sanheim aus Überzeugung handelt, merkt man ihm an. Er sprudelt vor Ideen, jüngst hat er einen Antrag bei einem Förderverein für die Anschaffung von Reanimationspuppen mit Feedbackfunktion gestellt. Das Budget ist beim Aufbau eines Schulsanitätsdienstes natürlich ein Thema: „Ich kann nur das umsetzen, wofür wir die Gelder bekommen“, räumt er ein. Was ansonsten bei den ersten Schritten zu beachten ist? „Am besten, man geht es einfach an“, sagt Sanheim. Ihm habe natürlich sein Werdegang geholfen, weil er seine Helfer dadurch mit ausbilden kann. Am besten seien jedoch Kooperationen mit Organisationen, wie in seinem Fall mit den Maltesern.

Lehrkräfte, die glaubten, zu wenig über die Materie zu wissen, will er ermutigen: „Im Prinzip ist es für Lehrkräfte ja normal, dass sie auch Fachfremdes unterrichten“, sagt er. „Da ist das Thema Erste Hilfe sogar recht einfach, weil es hier ganz klare Handlungsanleitungen gibt – wie bei Algorithmen: Wenn A passiert, muss ich B tun. Das ist alles erlernbar – und im Ernstfall helfen zu können, ist unglaublich wichtig.“ Erst vor Kurzem habe sich bei ihm ein ehemaliger Schulsanitäter gemeldet und von einer erfolgreichen Wiederbelebung erzählt. „Das ist ein gerettetes Leben mehr“, betont Sanheim.

Lehrkraft Boris Sanheim und Schülerin Anna-Lena Naujoks, Bargteheide Boris Sanheim ist Lehrer, Sicherheitsbeauftragter und Leiter des Schulsanitätsdienstes an der Anne-Frank-Schule in Bargteheide. Es ist ihm wichtig, neben Fachinhalten auch Wissen und Fertigkeiten rund um Erste Hilfe zu vermitteln. Anna-Lena Naujoks ist seit fünf Jahren beim Schulsanitätsdienst dabei – die Schülerin überlegt, auch beruflich Wege in diese Richtung einzuschlagen.

 

Die Aufgaben des Schulsanitätsdienstes im Überblick

  • Erstversorgung bei Unfällen, plötzlichen Erkrankungen und Vergiftungen im Rahmen der Möglichkeiten
  • Betreuung von in der Schule erkrankten oder verletzten Personen bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes
  • Sanitätsdienstliche Betreuung von Schulsportfesten und Schulveranstaltungen
  • Regelmäßige Überprüfung und Ergänzung des Erste Hilfe-Materials in den Fachbereichen und Sporthallen sowie des Schulsanitätsdienst-Materials
  • Mitwirkung oder Mitgestaltung bei Feuerschutz-Übungen an der Schule
  • Angebote bei Projekttagen, Unterrichtsprojekten o. ä.
  • Mitwirkung bei der Unfallverhütung an der Schule

Mehr Informationen über die Anne-Frank-Schule in Bargteheide unter:

https://www.anne-frank-schule-bargteheide.de/